Der Leserbrief des Atomkraftbefürworters Wüchner ist ein Paradebeispiel für populistische Meinungsmache und strotzt nur so von Halb- und Unwahrheiten. Er ist gespickt mit sarkastischer Polemik und verkennt die eigentliche Intention der Großdemonstrationen, der Atomkraftgegner auch aus Rhön-Grabfeld und Mellrichstadt und derjenigen, die aus den Ereignissen aus Japan gelernt haben!
Gleich zu Beginn bezeichnet der Autor Unfälle, die zu einem derartigen Störfall wie in Fukushima führten, in Deutschland für „eher unwahrscheinlich“. Auch für das Kernkraftwerk in Japan war ein Erdbeben mit 9,0 MW und ein Tsunami mit 14m-hohen Wellen „eher unwahrscheinlich“. Nebenbei bemerkt: Entlang des Rheingrabens – dort stehen auch die Kraftwerke Biblis A und B und Philippsburg 1 und 2 – können Erdbeben bis zu 6 MW erreicht werden (Quelle: Gottfried Grünthal vom Geoforschungszentrum in Potsdam).
Albert Wüchner kritisiert, dass der Ausstieg „sehr, sehr teuer werden“ würde und unterstellt damit, dass es kostengünstiger wäre, weiterhin die Atomkraft zu nutzen. Dem ist entschieden zu widersprechen: Nur, wenn man die staatlichen Zuschüsse, Übernahmen und die nicht bezahlten Folgekosten der Atomkraft nicht beachtet (z.B. Transportkosten, Sicherheitskosten, offene Endlagerung, Stilllegungskosten der AKWs, mögliche Folgekosten eines Gaus…), ist die Energieerzeugung aus Atomkraft „billiger“ als die Nutzung erneuerbarer Energien.
Die Demonstrationen der letzten Wochen seit der Katastrophe in Japan werden vom Leserbrief-Schreiber zutiefst verunglimpft. Und: Scheinbar hat er die Botschaft, die Hunderttausende in Deutschland an die Politik gesendet haben, überhaupt nicht verstanden! Ziel all dieser Menschen war es, zu sagen, dass der Ausstieg so schnell wie möglich geschehen muss – insbesondere schneller, als von der Bundesregierung bis dahin vorgesehen war. Zu behaupten, „ein sofortiger Ausstieg“ sei gefordert worden, ist schlichtweg falsch! Zur Diskreditierung der Demonstranten als Menschen, die „absolut keinen Schimmer vom Energieverbrauch in unserem Lande“ hätten: Weiß der Autor, dass Deutschland im Jahr 2010 17Mrd. kWh mehr exportiert, als importiert hat? Wie viele Kraftwerke laufen denn zur Zeit nur noch zur Gewinnmaximierung von E.ON, EnBW und Co.?
Die Hauptkritik des Leserbrief-Schreibers allerdings zielt auf die Wirksamkeit eines deutschen Atomausstiegs. Natürlich ist Deutschland nicht allein auf der Welt und hat keinen unmittelbaren Einfluss auf die Energie-Gewinnung der restlichen Staaten – insbesondere unserer direkten Nachbarn. Wir haben aber Einfluss auf das, was in Deutschland passiert. Wenn alle anderen noch im dunklen Atomstrom-Zeitalter leben, kann ein kleiner atomstromfreier Leuchtturm in Deutschland viel, viel Licht in die Welt bringen.
Zum letzten Satz des Autors: Auch wenn ein deutscher Atomausstieg einen europäischen Störfall nicht verhindern würde, wollte ich für mich zumindest doch wissen, dass ich alles getan habe, was in meiner Macht stand, um dieses Leid zu verhindern!