Bericht und Bild: Astrid Hagen-Wehrhahn
Mitte Januar öffnete die neue Gemeinschaftsunterkunft in Mellrichstadt nach umfangreichen Umbaumaßnahmen in der ehemaligen Berufsschule ihre Pforten. Die Einrichtung bietet Platz für rund 100 Asylsuchende. Zurzeit wohnen dort 45 Flüchtlinge unterschiedlicher Nationalität. Vergangenen Freitag nun hat die Kreistags- und Stadtratsfraktion der SPD im Vorfeld ihrer Abendveranstaltung zum "politischen Ascherfreitag" die Einrichtung besucht und sich vor Ort bei den Verantwortlichen informiert
Zu Gast war auch die Bundestagsabgeordnete Dr. Bärbel Kofler aus Traunstein. Als entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages ist sie Expertin zum Thema „Asylpolitik“. Mit dabei war auch der leitende unterfränkische Regierungsdirektor Thomas Weingart, zuständig für Flüchtlingsbetreuung und Integration, MdB Sabine Dittmar, sowie Kathi Petersen, Abgeordnete im bayerischen Landtag und Thorsten Raschert, SPD-Kreisrat aus Burglauer. Begleitet wurden die Gäste außerdem von den Organisatoren Kreisrat Matthias Kihn und dem SPD-Kreisvorsitzenden René van Eckert, von Felix Schwarz, Vorsitzender der Jusos im Unterbezirk Rhön-Haßberge, und der Stadträtin Karoline Karg. Bürgeramtsleiter Helmut Dietz, Koordinator und Ansprechpartner zum Thema zur Flüchtlinge in Mellrichstadt, stand ebenfalls der SPD-Delegation Rede und Antwort. Und auch Ehrenamtliche des örtlichen Asylhelferkreises hatten sich dem Rundgang durch die Einrichtung angeschlossen. Die Führung übernahmen die GU-Leiterin Birgit Sauer und Hausverwalter Michael Limpert. Letzteren übergab René van Eckert im Namen der SPD-Kreisverbandes Rhön-Grabfeld Malbücher, Buntstifte und Wasserbälle als Geschenk für die Kinder in der GU.
Zuvor informierte jedoch Regierungsdirektor Weingart in einem Gespräch über die Flüchtlingsunterbringung in Unterfranken. Wie er ausführte, habe die unterfränkische Regierung aufgrund der enorm angestiegenen Asylbewerberzugänge ab Juli letzten Jahres sukzessive den Notfallplan Asyl in Kraft gesetzt. Gleichzeitig nahmen die Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt, ihre Dependancen und Notunterkünfte der Kreisverwaltungsbehörden, ihren Betrieb auf. Allein in Schweinfurt seien 2015 rund 16.500 Asylsuchende erstaufgenommen worden. Das seien mehr als doppelt so viel, wie erwartet wurden, so Weingart. Die Aufnahmeeinrichtung in Schweinfurt sei Schwerpunktaufnahmeeinrichtung für die Länder Syrien, Afghanistan, Ukraine, Georgien und den Pazifikinselstaat Nauru. Laut den registrierten Angaben sind 60,85 Prozent der Asylsuchenden Syrer, 31,13 % Afghanen, 6,33 % kommen aus der Ukraine und 0,79 % aus Georgien. Die Zahl der Asylbewerber, die dann in den sogenannten Anschlussunterbringungseinrichtungen, wie etwa die Gemeinschaftsunterkunft in Mellrichstadt, untergebracht wurden, habe sich in Unterfranken verdreifacht. Dennoch habe sich die Lage zumindest in den Erstaufnahmeeinrichtungen etwas entspannt, nicht zuletzt aufgrund der Unterstützung durch die vielen ehrenamtlichen Helfer, meinte Weingart
. Die Frage von Stadträtin Karg, ob man schwierige Situationen in den Gemeinschaftsunterkünften nicht entschärfen könne, indem man in einer Einrichtung nur Asylsuchende einer Nationalität aufnehme, verneinte Weingart. Seinen Erfahrungen nach funktioniere die Integration weniger gut, wenn Menschen gleicher Nationalität in einer GU leben, weil sie dann unter sich blieben. Auch Alleinreisende bringe man bewusst mit Familien in einer GU unter. Auf diese Weise sei eine Sozialisation der meist auf sich gestellten Jugendlichen durch die Familien möglich. In der Mellrichstädter Gemeinschaftsunterkunft leben inzwischen 45 Flüchtlinge, die aus Syrien, Iran, Kasachstan und Ukraine kommen. Hier funktioniere das Zusammenleben - auch von Familien und Alleinreisenden - gut, ergänzte die GU-Leiterin die Ausführungen des Regierungsdirektors. Beim anschließenden Rundgang konnten sich die Gäste ein Bild von der Einrichtung machen, wobei sich die Gäste sehr positiv über die Mellrichstädter GU äußerten. Lobende Worte fand MdB Kofler auch für die gute Organisation des Ehrenamtlichen Helferkreises in Mellrichstadt.
Darüber hinaus wollte Kofler wissen, ob in Unterfranken die psychotherapeutische und psychosoziale Versorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen gegeben sei. Weingart erklärte, dass unterfrankenweit leider nur zwei Psychologen zur Verfügung stünden, die Betroffene muttersprachlich betreuen könnten. Hier gebe es noch viel Bedarf. Einen hohen Bedarf sieht Kofler auch an bezahlbarem Wohnraum in Bayern. Ist der teure Wohnungsmarkt für weniger gut verdienende Menschen schon problematisch, werden sich die Schwierigkeiten in den nächsten Jahren durch wohnungssuchende Asylbewerber noch verschärfen. „Es fehlen in Bayern rund 50.000 bezahlbare Wohnungen“, sagte die Bundestagsabgeordnete. Diese Situation lastet sie der bayerischen Regierung an. Die CSU habe in den letzten 10 bis 20 Jahren den sozialen Wohnungsbau in den Keller gefahren, so Kofler. Aus diesem Grund sei es richtig, dass der Bund die Länder und Kommunen beim Neubau von Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestandes an Sozialwohnungen künftig stärker unterstützt. Im Bundeshaushalt habe man bereits beschlossen, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau innerhalb der nächsten vier Jahre um zwei Milliarden Euro aufzustocken. Die Umsetzung müsse jetzt vor Ort erfolgen, so Kofler.
Für die SPD-Delegation ging es im Rahmen ihres „politischen Ascherfreitags“ anschließend weiter nach Bastheim. Dort referierte und diskutierte die Hauptrednerin mit den Gästen erneut zum Thema Asylpolitik.